Bündner Tagblatt: 20.01.2017, Seite 9
Chur, 20. 01. 2017 Pediküre für eine «heilige Kuh»
Kommentar: Norbert Waser über den Lohnstufenanstieg
Der Lohn ist ein beliebtes Stammtischthema, vor allem, wenn es nicht den eigenen betrifft. Eine beliebte Zielscheibe sind da die «Beamten». Wenn diese dann noch einen «automatischen Lohnstufenanstieg» erhalten, sind alle Ingredienzien für ein Beamten-Bashing gegeben.
Legitim ist es, im Rahmen einer Leistungs- und Aufgabenüberprüfung auch die Löhne des Personals kritisch unter die Lupe zu nehmen. Das hat die Stadt Chur auch getan. Das Personal hat mit einem jährlich wiederkehrenden Beitrag von 6,5 Millionen Franken den bisher grössten Beitrag zum Alü-Sparpaket geleistet. Und damit auch den Weg geebnet, dass die bürgerliche Mehrheit des Gemeinderates sogar eine Steuersenkung durchdrücken konnte. An den Lebenslauf dieser «heiligen Kuh» sollte sich das neu zusammengesetzte Parlament erinnern, wenn es den Lohnstufenanstieg voraussichtlich im Mai auf die Schlachtbank führen möchte. Einem Sparpotenzial von weniger als 200 000 Franken steht ein grosses Frustpotenzial gegenüber, das der Stadt als Arbeitgeberin letztlich wohl mehr schaden als nützen würde. Als stossend empfunden werden kann, dass das Lohnsystem der städtischen Lehrpersonen vom kantonalen Schulgesetz vorgegeben wird und damit von der Stadt nicht angetastet werden kann. Schwer zu verstehen dürfte dies vor allem von den Lehrpersonen der GBC und den von der Abflachung des Lohnstufenanstiegs betroffenen Angestellten sein. Als kleines Zückerchen sieht der Entwurf die Möglichkeit vor, durch die Verdoppelung der Lohnstufen auch jenen langjährigen Mitarbeitenden nochmals einen finanziellen Anreiz zu verschaffen, die bereits das Maximum ihrer
Lohnstufe erreicht haben. Ob dieser Vorschlag allerdings die parlamentarische Debatte übersteht, wird sich weisen. Zum Schluss bleibt wohl von den Schlachtbankplänen für die «heilige Kuh» Lohnstufenanstieg bloss noch eine Pediküre-Behandlung übrig.
Norbert Waser ist stv. BT-Chefredaktor